Mikroplastik: Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln (SPM) – Eintrag 78 von Anhang XVII der REACH-Verordnung
Die zunehmende Präsenz von Mikroplastik in der Umwelt, in Lebensmitteln und sogar im menschlichen Körper ist seit einigen Jahren ein zunehmend diskutiertes Thema. Um die Entstehung und Freisetzung von Mikroplastik zu verringern, hat die EU bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise die Einwegkunststoffrichtlinie 2019/904. Ein weiterer bedeutender Schritt ist die Beschränkung des Inverkehrbringens von Produkten, die synthetische Polymermikropartikel (SPM) enthalten. Dies wird durch die Verordnung (EU) 2023/2055 geregelt.
Was sind synthetische Polymermikropartikel (SPM)?
Synthetische Polymermikropartikel (SPM) sind mikroskopisch kleine Partikel aus synthetischen Polymeren. Sie finden Anwendung in zahlreichen Bereichen wie der Medizin, Pharmazie, Chemie, Materialwissenschaften und Umwelttechnik. Aufgrund ihrer geringen Größe können sie in biologische Systeme eindringen und werden daher häufig für gezielte Arzneimittelabgaben, diagnostische Verfahren oder als Trägermaterialien eingesetzt.
Seit dem 17. Oktober 2023 gilt eine neue EU-Regelung, die den Einsatz von Mikroplastik in Produkten, das absichtlich freigesetzt wird, stark einschränkt. Diese Regelung betrifft schwer abbaubare Kunststoffpartikel (häufig kleiner als 5 mm), die unter anderem in Kosmetika, Reinigungsmitteln, Düngemitteln oder Sportbelägen enthalten sind.
Eintrag 78 von Anhang XVII der REACH-Verordnung verpflichtet Hersteller und nachgeschaltete industrielle Anwender von synthetischen Polymermikropartikeln, eine Reihe von Informationen an die ECHA zu melden. Dazu gehören die Identität des Polymers, dessen Verwendung sowie die Menge des freigesetzten Mikroplastiks.
Definition und Geltungsbereich
SPM (synthetische Polymermikropartikel) sind feste Polymere, die:
- Mindestens 1 % der Partikel ausmachen oder die Oberfläche der Partikel vollständig bedecken, und
- Bei ≥ 1 % (Gewicht) der Partikel eine Größe von ≤ 5 mm (bei Fasern ≤ 15 mm bei einem L/D-Verhältnis > 3) aufweisen.
Von dieser Definition ausgenommen sind unter anderem:
- Flüssige Polymere
- Natürliche Polymere
- Lösliche Polymere (Löslichkeit > 2 g/l)
- Biologisch abbaubare Polymere (Nachweis nach REACH-Anhang 15)
- Polymere ohne Kohlenstoffgerüst
Zusammengefasst: Nur feste, nicht lösliche und nicht abbaubare Polymere im kritischen Größenbereich fallen unter die Beschränkung.
Kerninhalte von Eintrag 78
Grundsatz: Verbot des Inverkehrbringens von SPM als solchen und in Gemischen, wenn diese eine gewünschte Funktion erfüllen und die Konzentration > 0,01 Gew.-% beträgt.
Stufenweise Verbotsfristen:
- 2027: Ausspülbare/abspülbare Produkte (z. B. Kosmetik)
- 2028: Detergenzien, Wachse, Poliermittel, Lufterfrischer, Düngeprodukte
- 2029: Duftverkapselung, Produkte für Haut und Haare, Medizinprodukte
- 2031: Pflanzenschutzmittel, Biozide, Einstreugranulat für Sportböden
- 2035: Lippen-, Nagel- und Make-up-Produkte
Ausnahmen: Produkte, bei denen SPM vollständig eingeschlossen sind, während der Anwendung umgewandelt werden oder in einer festen Matrix gebunden sind.
Informations- und Meldepflichten
Lieferanten und Importeure müssen:
- Informationen entlang der gesamten Lieferkette bereitstellen, z. B. zu Verwendung, Handhabung, Entsorgung und der Vermeidung von Freisetzungen.
- Eine Pflichtkennzeichnung anbringen: „Die gelieferten synthetischen Polymermikropartikel unterliegen den Bedingungen des Eintrags 78 von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates.“
- Auf Anfrage der Behörden detaillierte Daten liefern, einschließlich: Identität, Funktion, Molekül- und Strukturformel, Molekulargewicht, Spektren/Analytik sowie Methoden zur Identifizierung.
- Ab bestimmten Anwendungen sind jährliche Meldungen an die ECHA über die Verwendung, Polymeridentität und freigesetzte Mengen erforderlich.
Fazit
Die Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln stellt einen der umfassendsten Regulierungsschritte im Bereich des Chemikalienrechts der letzten Jahre dar. Für Importeure bedeutet dies: klare Nachweispflichten, enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und vorausschauende Produktplanung. Unternehmen, die frühzeitig prüfen, ob ihre Polymere fest, löslich oder abbaubar sind, und die notwendige Dokumentation aufbauen, können Risiken im Importgeschäft vermeiden und die anstehenden Fristen sicher einhalten.